Streckenfluglager Blaubeuren

Mai 2022, Rafael Storz

Die Flugsaison wurde gerade beendet und die ersten Winterarbeiten stehen an, da kommt bei den Aktiven der Segelfluggruppe Cumulus die Mail rein, dass 2022 ein Streckenfluglager auf der Schwäbischen Alb gemacht werden könnte. Zeitig kommen die Anmeldungen rein, sodass die Flieger reserviert werden. Gerade für die Neubrevetierten scheint dies eine gute Form der Weiterbildung zu sein, da gleich vier von diesen davon profitieren wollen. Mit weiteren zwei erfahrenen Streckenflugpiloten und insgesamt drei Fluglehrern ist die Gruppe von neun Piloten komplett. Die Vorbereitungen für Rolf, Ernst, Mike, Guido, Stefan, Jürg, Markus, Diego und Rafael laufen an.

ASK 21 und Duo Discus am Startplatz in Blaubeuren

Unter der Gesamtleitung von Rolf mit der tatkräftigen Unterstützung von Ernst und Mike treffen sich die Lagerteilnehmer schon einen Monat vorher online und einmal abends am Flugplatz in Amlikon zur Vorbesprechung. Details zum Flugplatz, mögliche Aussenlandefelder und Besonderheiten zum Platz und der Organisation werden in der Gruppe besprochen. Die Verteilung der Flieger und der Zugfahrzeuge wird geklärt. Wir haben vom Vorstand dankenswerterweise fünf Flieger zugeteilt bekommen: Doppelsitzer ASK 21 und Duo Discus, dazu noch die Einsitzer ASK 23, LS 4 und LS 8. Das sind damit schon einmal 7 Plätze. Zusammen mit dem Shark von Ernst haben wir in Summe 8 Sitze im Lager mit dabei. Es sollte also ausreichend Möglichkeiten zum Fliegen für alle geben. Die Vorfreude steigt.

Einpacken, Anfahrt und Platzeinweisung

Freitagmittag treffen sich die Teilnehmer in Amlikon auf dem Flugplatz zum Einpacken der Flieger. Alles wird nach Checkliste geprüft und in die Hänger verräumt. Schliesslich wollen wir am Samstag in aller Frühe starten, damit wir noch am Samstag erste Platzrunden zur Einweisung vor Ort machen können.

Es geht los und das Ziel lautet Sonderbuch oberhalb von Blaubeuren. Im Konvoi mit vier Segelfliegern fahren wir durch die hügelige Landschaft nördlich vom Bodensee auf die Schwäbische Alb. Stefan kommt mit der LS 8 etwas später und Diego möchte am Montag mit der ASK 23 anreisen.

Vor Ort werden wir herzlich von den Vereinskameraden Lukas und Wolfgang aus Blaubeuren empfangen. Samstag ist regulärer Flugbetrieb mit eigener Flugschule (ASK 13 und K 8) mit Winde und Schlepp. Der Schleppbetrieb ist privat organisiert durch eine Eignergemeinschaft der Jodel, wie der Schleppflieger, hier auch eine Robin, in diesem Bereich Deutschlands allgemein genannt wird.

ASK 13 und K 8 der Flugschule Blaubeuren

Nach kurzer Orientierung werden die ersten Flieger ausgepackt und flugfertig gemacht. Wir erhalten die Schlüsselgewalt über einen Lepo als Zugfahrzeug und los geht es.

Blaubeuren mit Sonderbuch (links oben)

Der Platz hat gleich mehrere Besonderheiten. Die Piste 10/28 ist leicht nach Norden geneigt und hat zusätzlich noch zwei unterschiedliche Steigungen in Pistenrichtung. Mit dem Schleppflieger wird immer versucht auf Piste 28 zu starten, dafür landet dieser auch bei moderatem Rückenwind auf Piste 10, da diese etwas ansteigt. Nach der Landung wird in Blaubeuren von der Landepiste weggerollt. Auch etwas, das die Neulinge unter uns erst einmal üben und lernen müssen. Insgesamt erfolgt dadurch aber ein recht flüssiger Betriebsablauf mit recht schnell freien Pisten. Durch die besondere Lage des Flugplatzes im Ortsteil Sonderbuch direkt an der Abbruchkante zum Blautopf gibt es bei nördlichen Windlagen sehr häufig starke Abwinde im Abkreisraum der Volte. Diese Effekte zusammen mit der Lage am westlichen Ortsrand nach einer Streuobstwiese gilt es von nun an zu berücksichtigen.  

Abends räumen die Kameraden vor Ort den oben am Hang stehenden Hangar so weit frei, dass wir beide Doppelsitzer trocken und sicher versorgen können, ohne sie jeden Tag neu montieren und demontieren zu müssen. Auf den Hallenkullern lassen sich die Maschinen mit genügend Unterstützung auch gut auf dem schrägen Vorplatz in die Halle manövrieren.

Stefan macht den ersten längeren Streckenflug. Nach insgesamt 14 Flügen an diesem Samstag beenden wir den ersten Flugtag und verschieben uns nach dem Debriefing zum Nachtessen in das Hotel Ochsen in Blaubeuren.

Die Nacht ist ruhig – egal ob im Hotel, Naturfreundehaus oder beim Campen auf dem Flugplatz.

Sonntag

Michael von den Kameraden aus Blaubeuren nimmt sich am Sonntag früh viel Zeit für die Sicherheitseinweisung und die Besonderheiten des Platzes. Da sich Thermik ankündigt, wollen wir möglichst bald zu den Fliegern und fliegen. Für unser Fluglager wurde extra noch ein Freiwilliger aufgeboten, der uns mit der Winde unterstützt und für Ernst eine Einweisung macht, sollten wir die Winde während der Woche selber nutzen wollen. Die Flugschule nutzt die Gelegenheit und macht deswegen zusätzlichen Schulungsbetrieb, obwohl dies sonntags normalerweise hier nicht der Fall ist. Erste Streckenflüge ausserhalb des Trichters von Blaubeuren sind möglich, auch wenn es noch nicht so richtig hoch geht. Gemeinsames Kreisen im Schlauch mit Vorfliegen wird im Verband geübt.  

Guido nutzt die vorhandene Thermik mit der LS 8 und ist schon eher im oberen Stockwerk unterwegs, sodass er erst nach fast vier Stunden Flug wieder zurück ist.  

Am Abend geht es kulinarisch weiter im Löwen in Blaubeuren.

Start auf Piste 28 mit Jodel und ASK 21

Montag

Das Wetter ist nicht optimal, erlaubt aber einige Platzrunden, auch erweiterte nach Schlepp. Rolf, unser Schlepppilot ist kurzfristig verfügbar und schnell auf dem Platz, um das knappe Zeitfenster vor der erwarteten Front noch nutzen zu können. Da Diego heute angereist ist, geht es vor allem um seine Einweisung auf dem Platz. Stefan geniesst den Tag in Ulm. Eine überraschend schnell eintreffende Regenfront verhindert, dass der Mittag noch weiter in der Luft genutzt werden kann. Die Doppelsitzer werden im Hangar erst trocken. Gewitter sind im Anmarsch. Für den Abend und die Nacht wird eine Unwetterwarnung vor starkem Hagel und Gewittern herausgegeben.

Abendessen gibt es in der Pizzeria am Blautopf. Bevor wir den Abend beschliessen, besuchen wir alle noch den Blautopf, der seinen Namen vor allem auch in der Dämmerung zu Recht trägt. Jetzt sind wir endlich einmal direkt an dem Ort, den man aus der Luft kurz vor dem Abkreisen so gut sehen kann. Die angekündigten Unwetter verschonen die Gegend von Blaubeuren dann doch. Aber die Front zieht durch und es wird kälter und nass.

Dienstag – Schlechtwetterprogramm

Das Wetter ist nicht geeignet zum Fliegen. Wir entscheiden uns für einen Besuch von Ulm als Schlechtwetterprogramm. Das Münster wird nicht nur besichtigt, sondern wir schauen uns auch die Stadt von oben aus an. Der Turm dieser höchsten Kirche Deutschlands kann zwar nur bis zur Hälfte bestiegen werden, aber das ist auch schon ziemlich beeindruckend. Bei abziehender Front können wir am späten Nachmittag sogar schon wieder Kaffee und Kuchen im Freien auf dem Münsterplatz geniessen, bevor wir dann noch das sehenswerte Fischerviertel von Ulm anschauen. Wer einmal ein richtig schiefes Haus anschauen möchte ist hier an der besten Adresse.

Das obligatorische Abendessen gibt es in Blaustein im Brauhaus.

Mittwoch – erste Aussenlandung

Das Wetter bessert sich. Ab Mittag können wir wieder fliegen. Guido und Mike gelingt der längste Flug des Lagers mit genau sechs Stunden Flugzeit mit dem Duo Discus. Stefan ist mit der LS 8 unterwegs. Kurz nach halb sieben muss er aber in Rheinstetten bei Karlsruhe landen, da die Thermik nicht mehr genügend stark ist, um über den Nordschwarzwald zurück nach Blaubeuren zu kommen. Dennoch ist dies in Summe mit fast 27 Stunden Flugzeit der beste Flugtag der Woche.

LS 8 vor Hangar in Rheinstetten

Pizza gibt es nicht nur bei den Kollegen, die am Platz in Blaubeuren bleiben, sondern auch für die beiden Rückholfahrer Ernst und Rafael. In Rheinstetten liefert der lokale Pizzadienst direkt zum gemütlichen Vereinsheim, wobei zwei ansässige Piloten behilflich sind. Danke, Stefan. Vier Stunden später und um mindestens eine Erfahrung reicher geht es nach erfolgreicher Rückkehr spät nach Mitternacht in die Schlafsäcke.

Donnerstag – Grillabend

Heute ist Feiertag. Es gibt normalen Flugbetrieb.

Der Wind ist das Thema des Tages. Die Schläuche sind ziemlich zerrissen. Dennoch gelingt es Guido von der Winde startend wegzukommen. Alle anderen können aber bequem die Jodel nutzen, um auch längere Flüge absolvieren zu können.  

Jürg macht zusammen mit Rolf eine geplante Aussenlandung in Laichingen. Die Geschichten, welche danach vom Kuchenverzehr vor Ort die Runde machen, sind jetzt schon legendär.

Abends findet ein gemütlicher Grillplausch auf dem Flugplatz zusammen mit den Vereinskameraden und deren Familien statt. Da wir erst spät von dieser Gelegenheit erfahren, verdanken wir es der Sprachgewandtheit von Jürg, dass wir dennoch nicht leer ausgehen und nur Brot haben. Als Dank und Gastgeschenk können wir den Gastgebern Kuchen spendieren. Solch ein Dessert kommt immer gut an.

Freitag

Das Wetter lässt erst am Nachmittag den Flugbetrieb zu. Wir organisieren per Telefon den Schlepppilot und kurz nach ein Uhr ist der erste Schleppzug in der Luft. Auch wenn es erst spät los geht, gelingen doch einige längere bis zweistündige Flüge. Die Streckenflüge werden länger und die Vorbereitungen für das Streckenflugtestat gehen voran.

Mike muss an diesem Abend bereits die Heimreise antreten und nimmt die LS 8 mit zurück
Hangar Blaubeuren mit einem Nurflügler über der Dimona

Samstag – Streckenflugtestate und ein Kuchen-Lufttransport

Zum Abschluss des Streckenfluglagers in Blaubeuren erwarten wir sehr gute Thermik-Bedingungen. Am Mittag geht es los in Richtung Westen. Diego, Markus und Rafael fliegen teilweise im Verband mit Ernst neben- und nacheinander über die Alb. Auf Höhen von über 2’000 m ist nördlich die Piste von Stuttgart und gleichzeitig südlich der Bodensee zu sehen. Die Schläuche stehen stabil. Aufgrund von Wettkampfteilnehmern in der Gegend sind zeitweise weit über 10 Segelflugzeuge in manchen Aufwinden. Wolkenstrassen ermöglichen aber auch den Vorflug ohne Höhenverlust. Klasse. Nach erfolgreicher Landung freuen sich die neuen Streckenflieger über das erreichte Streckenflugtestat.

Rolf mit CQ

Jürg macht ein zweites Mal eine geplante Aussenlandung zusammen mit Rolf. Sie fliegen nach Erbach. Der semi-professionelle Kuchen-Kulinarik-Tester Jürg möchte sicherlich gerne ein weiteres Kapitel für seinen Gourmet-Führer haben. Aber diesmal geht es nicht nur um den Kuchen vor Ort, sondern auch um den besonderen Rücktransport. Nachdem angekündigt wird, dass der Lufttransport fest verpackt werden müsse, gilt es auch, dies im Video festzuhalten. Der Genuss zurück in Blaubeuren war dann aber wirklich die Höhe.

Abends fahren Jürg, Stefan und Guido los in Richtung Heimat.

Damit enden auch unsere Flüge ab Blaubeuren für diesmal. Bei den jetzt anstehenden Streckenflügen in Richtung Schwäbischer Alb wird man sich in Zukunft einfacher orientieren können, sobald bekannte Namen von Flugplätzen auftauchen.

Sonntag – Rückfahrt

Wir räumen zusammen und fahren im Konvoi in Richtung Heimat – auch wenn man offensichtlich mit unterschiedlichen Routen das gleiche Ziel erreichen kann.

Fazit

Als Teilnehmer eines Fluglagers erhält man die Möglichkeit, in kurzer Zeit, konzentriert viele Erfahrungen machen zu können. Durch die tolle Unterstützung und Organisation seitens der teilnehmenden Fluglehrer wird dies noch wertvoller. Gerade auch der Aufenthalt auf einem anderen Platz erweitert das Repertoire an Erfahrungen. Man kann andere Abläufe und Fluggeräte kennenlernen.

Vor allem sei aber auch noch dem Vorstand und dem Verein gedankt, dass man für solche Vorhaben die nötigen Flugzeuge zur Verfügung gestellt bekommt. Zumindest der Verfasser dieser Zeilen freut sich jetzt schon auf das nächste Lager.

Guido hat erstmals physischen Kontakt mit einer ASK13 der Fluggruppe Blaubeuren

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