Wie man um Zürich herum fliegt, oder so ähnlich

Am 10.06.2023 haben zwei Piloten von Amlikon einen «interessanten» Flug im Doppelsitzer unternommen.

Kompromisse bei der Vorbereitung

Auf die Schwäbische Alb rausschleppen und dann Alb hoch, Alb runter, immer wieder. Das tönt nicht für alle gleich spannend. So sieht es auch Jonas. Das gut prognostizierte Segelfluggebiet der Schwäbischen Alb soll heute gemieden werden, warum verstehe ich auch nicht. Dennoch sollen Fluglehrer bekanntlich zufriedengestellt werden und so schlage ich vor, er solle mich mit einer anderen Route überzeugen.

Wiedermal um die CTR Zürich? Ab der Winde? Also gut, es ist nicht immer einfach um Zürich herum zu fliegen, bei diesem Wetter sollte das aber kein Problem sein, aber mit definierten Wegpunkten erhöht sich die Herausforderung etwas. Die Wegpunkte deklarieren wir als Aufgabe, bewässern in grosser Begeisterung die Flügeltanks mit Wasser und machen den Arcus plätschvoll. Für Aussenstehende: Wir wollen mit maximalem Abfluggewicht fliegen, das ist besser bei gutem Wetter. Und heute soll es ja gut werden, zumindest auf der Alb, wo «wir» nicht hinwollen.

Blickrichtung Süden, kurz nach dem Start in Amlikon, eher schwache Verhältnisse

Harziger Start

Bereit zum Start, Seil ein und los. Auf 300 m über Boden wirft uns die Winde raus und überlässt uns unserem Schicksal. Nach 30 Minuten abmühen landen wir wieder, wir sind eindeutig zu schwer und die Thermik noch zu schwach, wir versuchen es etwas später nochmals.

Zweiter Start und erneut nicht wirklich hoch gekommen an der Winde, wen wunderts bei diesem Gewicht. Aber nun können wir uns halten, mit Hilfe anderer Flugzeuge, gerade so. Nun schwaches Steigen, Kollegen drehen unter uns ein und übersteigen uns mühelos. Der Nachteil von Wasser: Im schwachen Steigen steigt es sehr schlecht. Immerhin machen wir etwas Höhe.

Blick Richtung Schwäbische Alb, kurz nach der Überquerung des Bodensees, es sieht gut aus

Um Zürich, Part I

Nun, nach mühsamem Suchen finden wir einigermassen gutes Steigen, Amlikon halt. Wir gleiten über den Seerücken Richtung Blumberg. Die Steigwerte werden immer besser, wir nähern uns schliesslich auch der heissbegehrten Alb. Hier geht es mit 2 m/s oder mehr höher nach oben als in der Schweiz, auch der Luftraum ist hier kein Thema mehr. Aber unsere Aufgabe lautet anders, nun heissts Richtung Schwarzwald und dann runterstechen. Über dem Rhein Richtung Süden sinkt der Luftraum auf unangenehme 1700 m. Nicht nur die auswertbare Höhe nimmt ab, auch die Thermikgüte. Verrissener, schwächer, und im Rücken das gute Wetter, immerhin ist Birrfeld im Gleitbereich. Warum sind wir nicht auf der Alb???

Diese Challenge haben wir uns selbst gestellt und fliegen weiter Richtung Buttwil, die Steigwerte werden wieder besser, die verfügbare Höhe nicht. Nach Buttwil funken wir uns durch den Luftraum Emmen Richtung Hausen und Zürichsee. Was für eine Sicht! Auf der einen Seite Zürich, auf der anderen Seite die Alpen (nicht die Alb) und unter uns der See. Die Steigwerte Richtung Uster sind genauso gut wie auf der Albiskette, erstaunlich aber wir nehmen das gerne mit. Im Zürcheroberland wird es aber nun schwierig. Trotz definierter Wolken finden wir die Aufwinde schlecht und kommen deutlich langsamer voran. Wir schaffen es mit Mühe über die Hügel ins Toggenburg und fliegen Richtung Wil. Sinkende Luft macht uns dabei das Leben schwer und reduziert unsere Gleitzahl nach Amlikon erheblich. Ob wir so noch etwas finden und unser Flug wie geplant in Amlikon endet?

Blick Richtung Schwarzwald, im nördlichen Bereich unserer Route, es hämmert

Um Zürich, Part II

Endlich, wir entdecken einen rettenden Aufwind vor Amlikon. Von dort aus gleiten wir über den Seerücken in Richtung Hilzingen. Die Steigwerte werden immer besser, und wir kommen der begehrten Alb, der höheren Basis und den besseren Aufwinden näher. Hier haben wir keine Probleme mehr mit dem Luftraum. Allerdings biegen wir ab, auf den Kurs unserer geplanten Aufgabe. Wir bewegen uns nun in Richtung Schwarzwald, um dann dort zu sinken. Über dem Rhein, in südlicher Richtung, senkt sich der Luftraum deutlich ab. Wir müssen deshalb tiefer fliegen und zusätzlich nehmen auch die Steigwerte ab. Warum sind wir nicht auf der Alb???

Zum Glück ist Birrfeld immer noch erreichbar. Die Steigwerte nach Birrfeld werden wieder besser, aber nicht der Luftraum. Nach Buttwil navigieren wir durch den Luftraum Emmen und fliegen weiter in Richtung Hausen und Zürichsee. Die Aussicht ist atemberaubend: Zürich auf der einen Seite und die Alpen (nicht die Alb) auf der anderen, während wir über dem See dahingleiten. Die Steigwerte über Küsnacht sind genauso gut wie auf der anderen Seite des Sees, was überraschend ist und uns entgegen kommt. Im Zürcheroberland wird es jedoch schwieriger. Trotz thermikanzeigender Wolken sind die Aufwinde schwach, und wir kommen nur langsam voran. Mit Mühe überwinden wir die Hügel und fliegen weiter in Richtung Toggenburg und Wil. Die sinkende Luft macht uns zu schaffen und beeinträchtigt unsere Gleitzahl merklich, als wir zurück nach Amlikon fliegen. Ob wir noch etwas finden werden und unser Flug wie geplant in Amlikon endet bleibt fraglich.

Blick Richtung Zürich, über der Albiskette, es läuft

Um Zürich, Part III

Über Amlikon stossen wir ziemlich einfach auf halbwegs gute Aufwinde. Von dort aus gleiten wir über den Seerücken in Richtung Binningen. Die Steigwerte verbessern sich kontinuierlich, und wir kommen der gut vorhergesagten Alb immer näher. Hier oben geht es mit 2 Meter oder mehr höher nach oben als bisher, der Luftraum schränkt uns hier nicht ein. Doch dennoch folgen wir unserer Aufgabe in Richtung Schwarzwald, um von dort die Höhe abzugleiten. Südlich, über dem Rhein sinkt der Luftraum auf tiefe 1700 Meter ab, im Verhältnis zu vorher. Dies hat einschneidende Auswirkungen auf die nutzbare Flughöhe, ebenso reduziert sich auch die Qualität der Thermik. Die Aufwinde sind unruhiger und schwächer, aber Birrfeld liegt immer im Gleitpfad. Warum sind wir nicht auf der Alb???

Weil unsere Aufgabe dies verlangt fliegen wir deshalb weiter in Richtung Buttwil. Die Steigwerte verbessern sich wieder, aber die Luftraumhöhe, die uns zur Verfügung steht, bleibt begrenzt. Nachdem wir Buttwil passiert haben, funken wir uns durch den Luftraum von Emmen und fliegen weiter in Richtung Hausen und Zürichsee. Was für eine beeindruckende Aussicht! Auf der einen Seite sehen wir Zürich, auf der anderen Seite die Alpen (nicht die Alb), und unter uns erstreckt sich der blaue See. Die Steigwerte nach dem See sind erstaunlicherweise genauso gut wie über dem Albis, also nehmen wir das gerne an. Nach Uster wird es jedoch viel schwieriger. Trotz vorhandener Thermik finden wir die Aufwinde lange nicht, nach einigem Suchen und viel Geduld können wir endlich Steigen. Mit Mühe überwinden wir die Hügel und fliegen weiter in Richtung Toggenburg und Wil. Die absinkende Luft in dieser Umgebung mindert unseren Reichweite in Richtung Heimflugplatz. Ob wir so noch etwas finden und wir wie geplant in Amlikon landen?

Blick entlang des Zürichsees, im Hintergrund die Alpen (nicht die Alb), wir sind noch nicht gelandet

Harziges Ende

Als wir über Wil immer noch nichts finden, schwinden unsere Hoffnungen. Viel fehlt nicht zu unserem Heimatflugplatz, etwa 100 m Höhe, weil der Hügel im Weg ist. Lommis lassen wir so seitlich liegen und hoffen noch irgendwie nach Hause zu kommen. Ein mögliches Landefeld haben wir in Sicht und als uns die Hochspannungsleitung den Weg nach Amlikon versperrt, sind wir gezwungen unser Feld anzuvisieren. Also Rad raus, Geschwindigkeit passt, Klappen auch. Der Arcus landet zwischen den Kuhfläden und kommt auf der Wiese wie geplant zum Stillstand. Naja, auf der Alb hätten wir auch stecken können. Helfende Kollegen (Danke Stefan, Sämi und Pascal) sind mit dem Hänger schnell vor Ort und wir verladen das Vereinsflugzeug.

Blick zum Arcus, fast bei Amlikon, es ist gelandet

Hier findest du den Link zum Flug

Flugweg um Zürich

Learnings:

  • Möglicherweise muss man um 16:30 Uhr nicht nochmals eine Runde um Zürich wagen, wenn man schon zum dritten Mal über Amlikon ist.
  • Oder, wenn man hauptsächlich im Schweizer Mittelland unterwegs ist, braucht man kein Wasser und kann früher starten.
  • Oder, in Lommis zu landen wäre sicherer gewesen, da hätte man wahrscheinlich auch nach Amlikon schleppen können.

Wie auch immer, Zürich zu umrunden ist aufgrund der Lufträume und verschiedenen Gebiete immer interessant und ja, zugegebener Weise wäre ein Flug auf der Alb an diesem Tag wahrscheinlich nicht so in Erinnerung geblieben wie dieser Flug. Spannend ist auch, wenn man zum dritten Mal über Buttwil hinweg fliegt und sieht wie die Dittinger dort ein Fly-In veranstalten (möglicherweise geplant).

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