Nach vielen Jahren «Fliegen im Flachland» und unzähligen Flügen am Rande der Alpen reizte mich der Gedanke, einmal richtig im hochalpinen Gebiet zu fliegen.
Ideal, dazu bietet sich der Breitenförderungskurs Gebirgsflug des Schweizerischen Segelflugverbandes in Samedan an. Wir von der Cumulus durften den Arcus 1C und die LS8-18 7C an diesen Kurs mitnehmen. Für mich eine ideale Ausgangslage.
1. Tag
Die erste Woche zuerst in einem Doppelsitzer mit Fluglehrer langsam an die Thematik herangeführt zu werden, um in der zweiten Woche dann allein mit der LS-8 zu fliegen – das war mein Plan.
Nun, Pläne sind da, um angepasst zu werden, denn nach einem kurzen Theorieblock «Flugplatz Briefing» ging es gleich richtig los:
Zuerst der Windenstart mit mässiger Ausklinkhöhe, dann sofort an den Muottas den Hang in engen Achter-Schlaufen polieren, um damit langsam an Höhe zu gewinnen. Nach gefühlt Hunderten von «Speed»- und «Banks»-Calls von meinem Cumulus-Fluglehrer Rolf König, haben wir die Bergstation Muottas Muragl unter uns gelassen.
OK, wie weiter? Natürlich – einen Thermikschlauch suchen, das kann ich!
Dachte ich. Weil den Horizont im Schlauch halten, wie ich das vom Flachland gewohnt bin, ist wegen der verschiedenen Bergflanken äusserst anspruchsvoll. Mit weiteren «Speed»- und «Banks»-Anweisungen ging es schlussendlich immer höher, bis die Wolkenbasis erreicht war.
Die Windverhältnisse zu den Bergflanken waren günstig, so dass es sogar noch höher ging:
Vor die Wolke fliegen und dann in die Welle einsteigen!
Plötzlich wird es ganz ruhig und doch steigt es kontinuierlich weiter, bis die Wolken neben dir und schlussendlich unter dir sind:


Vorsorglich haben wir bei «Swiss Alps» eine Höhenfreigabe beantragt und erhalten. Wir stiegen weiter bis auf 4800 Meter. So hoch oben war ich mit einem Segelflugzeug noch nie.
Langsam wurde es Abend und das Engadin lag bereits im Schatten. Jetzt langsam absteigen, um die Lackierung nicht zu beschädigen und nach 4 Stunden Flug erstmals eine Landung auf einer Hartbelagspiste hinlegen:

Wow. Der erste Flug mit allem, was dazugehört: Hangflug, Thermikflug, Wellenflug und Landung auf einer Piste, wo auch die Grossen landen. Danke 1C. Ein Flug, den ich nie vergessen werde.
Geht es noch besser als am ersten Tag? Absolut!
Der Breitenförderungskurs ist so aufgebaut, dass am Morgen jeweils ein Debriefing des Vortages stattfindet. Dann folgt ein Theorieteil, wie zum Beispiel Windenstart, Hangflug, Themikflug, Luftraumüberwachung, Wellenflug, Verarbeitung der Signale des Auges, Atmung, Sauerstoffbedarf, Hyperventilation, Ernährung und Flüssigkeitshaushalt, Lehren aus Zwischenfällen, etc. Der Theorieteil wird jeweils mit dem Meteo-Briefing abgeschlossen.

Dann gilt es, die Flugzeuge aufzubauen und bereit zu machen, so dass kurz nach dem Mittag mit dem Fliegen begonnen werden kann. Idealerweise wird die Theorie vom Morgen gleich im Flug am Nachmittag angewendet.
Geflogen wird in Zweierteams auf einem Doppelsitzer zusammen mit einem Fluglehrer. Die «Do’s and Dont’s», die einem vom Fluglehrer vermittelt werden, sind sehr wertvoll. Vor allem das Verstehen der Windsysteme und der daraus resultierenden Aufwinde sind äusserst komplex.
Gestartet wird an der Winde gleich neben der Hartbelagspiste. Uns wurde am Anfang des Kurses versprochen, dass wir alles sehen werden, was so fliegen kann. Wir wurden nicht enttäuscht. Nebst General Aviation und Helikoptern sind Business Jets keine Seltenheit. Sogar eine F/A-18 Patrouille hat uns mit einem tiefen Überflug beehrt.

Das Zusammenspiel von Segelfliegern und anderen Flugzeugen in diesem engen Tal ist äusserst faszinierend. Eine ordentliche Voice Communication am Funk mit Samedan Information ist daher unabdingbar. Als krönender Abschluss wird jeweils auf der langen Hartbelagspiste gelandet, was für mich eine komplett neue Erfahrung war. Kommt dann noch ein ordentlicher Seitenwind dazu, wird es sehr schnell spannend!
Die Erfahrung steigt mit jedem Flug
Nach drei Tagen wurden das Flugzeug und der Fluglehrer gewechselt. Unser Team hatte das Glück, dass wir zweimal einen Arcus zugeteilt bekommen haben: auch das eine komplett neue Erfahrung. Dem W1 der Segelfluggruppe Winterthur bin ich schon etliche Male im Süddeutschen Raum begegnet.
Jeder Flug war gespickt mit neuen Erfahrungen und Tipps. Auch das Wetter hat mit unterschiedlichen Windsystemen mitgespielt, so dass wir unzählige Hänge und Thermikschläuche im Engadin ausfliegen konnten.

Die erste Woche in den Doppelsitzern und mit Fluglehrer neigte sich dem Ende entgegen und die Vorfreude und eine gewisse Nervosität, das Erlernte mit dem Einsitzer zu erfliegen, steigerte sich merklich.
Erwische ich den Hangaufwind und kann ich anschliessend in einem Thermikschlauch weiter aufsteigen? Wie sieht es mit den Kollegen und Kolleginnen aus, welche sich zur gleichen Zeit auf gleicher Höhe am selben Hang befinden? Kann ich das bewältigen?
Challenge accepted!
Ich durfte unsere LS-8-18 7C ins Lager mitnehmen. Ein mir vertrautes und lieb gewordenes Segelflugzeug:

Mein Ziel für die zweite Woche war es, auch mit dem 7C über den Piz Bernina zu fliegen. Die Bedingungen waren weiterhin exzellent, so dass ich wie in der ersten Woche, gleich mit dem ersten Flug alle Flugphasen 1:1 wiederholen konnte.Das Erlebnis war heftig, so dass es mir einige Male kalt den Rücken runtergelaufen ist:

Fazit
9 Flüge und insgesamt 27 Stunden das Engadin erfliegen. Ein unbeschreiblich schönes Gefühl und Erlebnis!
Ich empfehle jedem Segelflugpiloten diesen Kurs. Es gibt keine bessere Gelegenheit, eine Einführung in den Gebirgsflug zu erhalten. Die Infrastruktur, die Flugzeuge und vor allem die Fluglehrer sind «Top Class».
Ich bedanke mich herzlich bei den Kursteilnehmern, dem Flugplatz Samedan, den Fluglehrern und den Referenten für die äusserst angenehmen Tage im wunderschönen Engadin. Vielen Dank auch der SG Cumulus für die mir anvertraute LS8-18 7C. Ein fantastisches Flugzeug!

Guido
Impressionen
Wellenfliegen mit 1C
Halo! 1C
Um das Piz Bernina Massiv mit 1C
Piz Bernina mit 7C. Und es steigt weiter!
Ohne Worte…



